Der «Doppelspurausbau Moosseedorf–Zollikofen» - warum es nochmals einen längeren Streckenunterbruch braucht

Seit März 2016 wird zwischen Moosseedorf und Zollikofen gebaut. Entstehen wird eine neue doppelspurige Unterführung. Nach der siebenwöchigen Streckensperrung im Sommer 2019 wird die Unterführung bereits tagtäglich befahren – aber noch ist erst eine Fahrspur fertig. Wieso wurden während der langen Bauarbeiten im Sommer nicht gleich beide Gleise erstellt? Ein Überblick über die Komplexität des Doppelspur-Ausbaus.

Die Vorarbeiten für das grosse Bauprojekt hatten bereits Ende März 2016 begonnen. Als erstes musste die Hauptabwasserleitung der Gemeinde Münchenbuchsee und Moosseedorf verschoben werden. Davon betroffen war auch die parallel zur Bahnlinie verlaufende Kantonsstrasse. Im Weiteren galt es, die Installationsplätze herzurichten, die für den eigentlichen RBS-Doppelspurausbau notwendig waren.

Map der neuen Doppelspur

Die Hauptarbeiten für die neue Doppelspur begannen im Januar 2017. In Präzisionsarbeit wurden in den fast drei Jahren zwei grosse Stützmauern von rund 600 Meter Länge und teilweise bis zu acht Meter Höhe gebaut. Zudem wurde unter der SBB-Bahnlinie in mehreren Etappen die neue RBS-Bahnunterführung im Tagbau erstellt – und das unter laufendem Betrieb von RBS, SBB und BLS sowie der Kantonsstrasse. Die Bauarbeiten sind sehr herausfordernd, insbesondere da die Platzverhältnisse vor Ort enorm eng sind und die Topografie schwierig ist.

Blick auf die geplante Doppelspur

Im orange markierten Bereich wird die Doppelspur gebaut.

Der Einbau der ersten Hilfsbrücke mit dem SBB-Kirow-Kran im 2017 wurde in Bildern festgehalten. Hier geht's zum Video.

Links ist die neue doppelspurige Bahnunterführung zusehen. Rechts ist eine Seconda in Dop-peltraktion auf dem alten Bahntrassee unterwegs. Blickrichtung Zollikofen.

Links ist die neue doppelspurige Bahnunterführung zusehen. Rechts ist eine Seconda in Doppeltraktion auf dem alten Bahntrassee unterwegs, Blickrichtung Zollikofen.

Im Mai 2019 wurde die neue Bahnunterführung eingeweiht. Blick durch die Unterführung Richtung Moosseedorf. 

Bauarbeiten bei hochsommerlichen Temperaturen

Ende Mai 2019 konnte der Rohbau der Unterführung abgeschlossen werden. Nun galt es, Bahnschienen und kilometerlange Kabelstränge zu verlegen und die gesamte Bahntechnik in die Unterführung einzubauen. Dazu musste die Strecke Moosseedorf-Zollikofen im Sommer 2019 während sieben Wochen gesperrt werden. 
Denn auch das bestehende alte Bahntrassee wurde abgebrochen und die Fundationsschicht abgetragen, ausserdem wurden die alten Kabelkanäle und -leitungen ausgebaut.
Gearbeitet wurde mehrheitlich tagsüber in einem Zweischichtbetrieb, teilweise sogar in einem Dreischichtbetrieb, also auch nachts. Gegen einen durchgehenden Dreischichtbetrieb sprach einiges: Es gab im Raum Bern gleichzeitig viele Intensivbaustellen, daher waren nicht genügend Bauarbeiter verfügbar, ausserdem stehen bei Nachtarbeiten die Lieferwerke still, so dass weder Beton noch Schotter oder sonstiges Material angeliefert werden kann. Des Weiteren forderten die Bauarbeiten wegen der engen Platzverhältnisse höchstes Engagement, Konzentration und Präzision. Und die hochsommerliche Hitze erschwerten die Situation für die Bauarbeiter zusätzlich.

Abtrag der sogenannten Fundationsschicht auf dem alten Trassee.

Traktor und Pneu statt Zug und Schiene! Dort wo früher die Schienen waren, verkehrt ein Traktor. Er trägt die sogenannte Fundationsschicht auf dem alten Trassee während des Streckeunterbruchs im Sommer 2019 ab.

Nachdem der Unterbau und der Bahnschotter geschüttet wurden, wird laufend das neue Bahngleis mit einem RBS-Bauzug verlegt. Auf diesem Gleis werden die RBS-Züge fahren - noch fehlt jedoch die Hauptschotterung sowie die Fahrleitung.

Erste Fahrgastfahrt durch die neue Bahnunterführung

Trotz all dieser Herausforderungen konnte pünktlich am 12. August 2019 das erste der zwei neuen Gleise der neuen Unterführung in Betrieb genommen werden. Vor der Inbetriebnahme fanden am Sonntag, 11. August 2019 sowie in der Nacht auf Montag umfangreiche Testfahrten mit verschiedenen Fahrzeugen statt. Die Fahrleitungs- und Sicherungsanlagen wurden auf Herz und Nieren geprüft.

Was geschieht jetzt weiter?

Nach dem siebenwöchigen Streckenunterbruch werden südlich und nördlich der neuen Unterführung die Stützmauer gegenüber der Kantonsstrasse erstellt, die restlichen Mast- und Signalfundamente gestellt sowie Entwässerungsleitungen entlang dem neuen, zukünftigen Doppelspurtrassee verlegt – dies alles neben dem laufenden Bahnverkehr. Für den Einbau des zweiten Bahngleises muss die Strecke Moosseedorf-Zollikofen jedoch nochmals unterbrochen werden. Es werden noch einmal dieselben Arbeiten wie im Sommer ausgeführt: Unterbau, Einbringen Bahnschotter, Verlegen von Gleisjochen – Schienen und Schwellen –, Kabelzug, Fahrleitungsarbeiten, Anpassung des Stellwerkes für Doppelspurbetrieb, Testfahrten). 
Und da fragt man sich natürlich, warum zwei Unterbrüche nötig und nicht alle Arbeiten auf einmal durchgeführt worden sind? 
Einerseits hätte der Streckenunterbruch für alle Arbeiten volle zehn Wochen gedauert. Das wollten wir den Fahrgästen nicht zumuten, insbesondere auch nicht, da nach den Sommerferien wieder deutlich mehr Leute unterwegs sind. Ausserdem hätte eine so lange Sperrung auch RBS-intern sehr grosse Logistik- und Ressourcenprobleme generiert. Denn während einer Streckensperrung können keine allgemeinen Arbeiten wie z.B. der ordentliche Gleisunterhalt ausgeführt werden. Und betriebliche Überfuhren von Dienstzügen (z.B. für Unterhaltsarbeiten am Rollmaterial) etc. sind natürlich auch nicht möglich, wenn die Strecke unterbrochen ist. Aus all diesen Gründen wird der Einbau der Gleise in zwei Etappen ausgeführt. 

Streckenunterbruch vom 14. Oktober bis 3. November 2019

Vom 14. Oktober bis und mit 3. November 2019 müssen die Fahrgäste der Linien RE und S8 also erneut auf Bahnersatz-Busse umsteigen. Das Konzept ist dasselbe wie bereits im Sommer: Zwischen Jegenstorf und Zollikofen fahren an Wochentagen (bis 22.00 Uhr) die RE-Bahnersatzbusse, zwischen Schönbühl und Zollikofen verkehrt täglich der S8-Bahnersatzbus, inkl. Halt in Moosseedorf. Im Infoflyer wird das Betriebskonzept erklärt. 

Ab 4. November 2019 fahren dann die RBS-Züge erstmals zweispurig zwischen Moosseedorf und Zollikofen, was mehr Fahrplanstabilität und Pünktlichkeit auf dem ganzen RBS-Streckennetz bringen wird.

Warum der Streckenunterbruch nach den Herbstferien?

Wenn immer möglich legen wir Streckensperrungen in die Ferienzeit, denn dann sind weniger Reisende unterwegs. Leider war dies im vorliegenden Fall trotz intensiven Bemühungen nicht möglich, denn die Zeitdauer zwischen Sommer- und Herbstferien reichte nicht aus, um alle baulichen Massnahmen umzusetzen, die für die zweite Totalsperre notwendig sind. Und so gibt es ausnahmsweise einen Bahnersatz ausserhalb der Schulferien.

Was bringt der Doppelspur-Ausbau?

Bis 2030 prognostiziert der Kanton Bern für den öffentlichen Verkehr eine Nachfragezunahme von rund 30 Prozent. Ein Angebotsausbau ist für den RBS unumgänglich. Ausbauten an der Bahninfra-struktur sowie zusätzliches Rollmaterial sind unumgänglich.
Die RBS-Linie Jegenstorf–Bern ist mit Ausnahme des 700 Meter langen Abschnitts zwischen Moosseedorf und Zollikofen auf Doppelspur ausgebaut. An diesem einspurigen Nadelöhr stösst der RBS an die Kapazitätsgrenze. Das Abwarten von Gegenzügen führt täglich zu Verspätungen die sich in den Spitzenzeiten auf alle RBS-Linien auswirken können. 
Mit dem Ausbau auf Doppelspur kann einer der letzten Engpässe zwischen Jegenstorf und Bern behoben werden, was mehr Stabilität und Pünktlichkeit auf dem ganzen RBS-Streckennetz bringen wird. Gleichzeitig wird Platz geschaffen für den geplanten Ausbau der Kantonsstrasse, was eine Erhöhung der Sicherheit für alle Verkehrsträger bedeutet (Entflechtung Schiene/Strasse). Von den Bauarbeiten profitieren schlussendlich unsere Fahrgäste.

 

Eine herausfordernde Baustellen, auch für die Bauarbeiter

Die Baulogistik stellt das ganze Projektteam – trotz minuziöser Planung – täglich vor grosse Her-ausforderungen. Die Platzverhältnisse zwischen der RBS- und SBB-Bahnlinie und der parallel dazu verlaufenden Kantonsstrasse sind sehr eng. «Auf der Baustelle herrscht buchstäblich täglich Überfluss an Platzmangel», erzählt Bauführer Felix Oechslin von der Firma Frutiger AG im Interview mit der Redaktion der RBS-Mitarbeitendenzeitschrift «Signal». 

Wie die Bahnersatzbusse zwischen Zollikofen-Schönbühl-Jegenstorf verkehren

Interview mit dem Bauführer in der Mitarbeitendenzeitschrift «Signal»

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Neue DoppelspurBauarbeiten
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