Gutes Design ist einfach

Unsere neuen Worblas waren in diesem Blog bereits häufig ein Thema. Und unsere Worblas haben auch in den Medien und in der Fachwelt überdurchschnittlich viel Interesse geweckt. Dies vor allem wegen unkonventioneller Designlösungen, was unseren neusten Zügen drei international renommierte Designpreise eingebracht hat – höchste Zeit also, dass sich unser Blog einmal dem Design widmet.
 

Worbla an der Innotrans im September 2018

Worbla an der Innotrans im September 2018

Warum ist das Design wichtig

Bei fast allen Verkehrssystemen stehen die Fahrzeuge im Zentrum der Aufmerksamkeit: Wer weiss nicht, wie eine Jumbojet aussieht, wie ein Porsche oder ein TGV? Ob auf der Strasse, der Schiene oder in der Luft – überall sind es die Vehikel, die wir vor Augen haben, die unsere Fantasie anregen. Ihnen vertrauen wir uns an, wenn wir von A nach B gelangen wollen. In ihnen verbringen wir die Zeit, die für die Fahrt nötig ist. Sie bestimmen wesentlich mit, ob wir uns dabei sicher und wohl fühlen, ob wir entspannt an unserem Ziel ankommen.

Dies ist ein Grund, weshalb Design auch im öffentlichen Verkehr wichtig ist: Denn je attraktiver der Zug, das Tram oder der Bus, desto lieber fährt man mit. Und (hoffentlich) auch umso häufiger!

Ein zweiter, für uns ebenso wichtiger Grund bezieht sich auf die Funktionalität. Denn aus unserer Sicht geht es beim Design nicht um Styling, nicht um Dekoration, nicht nur ums Aussehen. Sondern um eine funktionale Gestaltung des Gesamten in einer unaufdringlichen, klaren Form. Das Worbla-Design beginnt beim Layout des Zuges, den vielen Türen und grosszügigen Abteilen. Und es endet bei der Platzierung und Farbgebung der Steckdosen an den «Abteiltischli».
Dieser «gesamtheitliche» Designansatz wurde bei uns bereits mit den NExT-Zügen vor gut 10 Jahren eingeführt. Massgebend war dabei das strenge Wirken des Designers Uli Huber, der zuvor gut drei Jahrzehnte als SBB-Chefarchitekt den öV der Schweiz sehr massgeblich und bis heute prägend gestaltet hat. Mit seiner grossen Erfahrung wurde das NExT-Design zusammen mit Stadler Altenrhein in der Konstruktionsphase der Züge erarbeitet.
 

NExT-Zug beim Rollout 2009

Der NExT beim Rollout 2009 mit seinem Designer Uli Huber (ganz links), Roland Kressbach (Stadler Rail), Walter Straumann (Regierungsrat Kanton Solothurn) und Hans Amacker (Direktor RBS).

Interieur NExT

Interieur NExT von 2009

Einfache Gestaltungsregeln

Dieser Designansatz stützt sich auf einige recht einfache Gestaltungsregeln: So folgt die Formgebung der Funktion resp. der Konstruktion. Auch werden grundsätzlich nur robuste, langlebige Materialien eingesetzt, die gut zu reinigen sind und hochwertig wirken. Auf bunte, schrille Farbkombinationen wird ebenso verzichtet, wie auf öde Grautöne oder peinlich wirkende Holzfolien. Konkret heisst dies z.B. für das Interieur: Der ganze Innenraum ist aufgeräumt und transparent gestaltet, keine Apparatekästen nehmen Platz weg oder behindern die Übersicht. Die Wagenübergänge sind so breit wie konstruktiv möglich. Grosse Fenster ermöglichen gute Ausblicke und sind so positioniert, dass die Fensterunterkante als Armlehne genutzt werden kann. Weiter schafft ein sehr dunkler, durchgehender Teppichboden Halt und Stabilität. Haltestangen aus Chromstahl wirken edel und sind hygienisch. Weisse Seitenwände und hohe Decken vermitteln Helligkeit und Raum. Und schliesslich bewirkt die unaufdringliche indirekte Beleuchtung, dass man sich auch nachts im Zug wohl fühlt. 

Bei der Aussengestaltung der NExT wurde ebenso auf unaufgeregte Formen und klare Linien geachtet. So sind beispielsweise die Ober- und Unterkanten von Fenster und Türen sauber aufeinander abgestimmt. Alle sichtbaren Radien und Winkel sind bewusst gewählt und aufeinander abgestimmt. Die Kopfform ermöglicht gute Übersichtlichkeit, wirkt «zügig», aber gaukelt trotzdem keine übertriebene Schnelligkeit vor.

Für die Worblas wurden diese Gestaltungsregeln übernommen und wo sinnvoll weiterentwickelt. Aufgrund eines anderen Beschaffungsansatzes konnte dabei nicht mehr wie beim NExT mit dem Hersteller zusammen das Design entwickelt werden. Vielmehr wurde das ganze Grunddesign vor der Ausschreibung der Züge im Detail erarbeitet. Dafür konnten wir die international im Bahndesign erfahrene Firma Tricon Design AG verpflichten, welche das Erscheinungsbild des gesamten Zuges innen wie aussen als detaillierte Vorgaben zusammen mit uns erarbeitete.

Zwei Varianten-Modelle der neuen Worbla

Varianten für das künftige Worbla-Gesicht: Bei der Front wurde eine Anlehnung an die Mandarinli resp. Secondas einer NExT-Weiterentwicklung vorgezogen.

Wenngleich diese Vorgaben sehr stark auf jenen des NExT basieren, wurde doch einige wichtige neue Akzente und v.a. neue funktionale Lösungen erarbeitet. Bestes Beispiel ist die Abteilgestaltung in den Worblas. Hier war die funktionale Vorgabe, dass das Ein- und Aussteigen möglichst beschleunigt wird und die Fahrgäste im Inneren auch in den Spitzenzeiten gut zirkulieren können. Anders als beim NExT entschied man sich bei den Worblas deshalb erstmals für den Ansatz «hinter jeder Türe das gleiche Angebot»: Von jeder Einstiegsplattform sind sowohl klassische Sitzabteile als auch multifunktionale Fläche zugänglich; der Fahrgast muss nicht auf dem Perron «seinen» Einstieg suchen, sondern kann bei der nächstbesten Türe zusteigen.

Eine Neuentwicklung stellt auch der hochwertige Klappsitz dar. Passend zum Innendesign ist dieser nicht wie sonst bei Klappsitzen üblich eine «Notlösung», sondern erlaubt sowohl guten Sitzkomfort als auch ein bequemes Anlehnen. Schliesslich ermöglichte es die aktuelle LED-Technik, dass noch gezieltere Beleuchtungsakzente gesetzt werden konnten. So informieren farbige Leuchtbänder an den Türen über den Zustand der Türe («offen» oder «geschlossen»). Grundsätzlich anders als beim NExT ist schliesslich die (indirekte) Beleuchtung aufgebaut, was eine konstruktiv einfachere Deckenlösung ermöglicht.

Bildlegende: Worbla Interieur von 2019

Die Worbla, ein eigenwilliger Zug

Herausgekommen ist so ein sehr eigenwilliger Zug, den Stadler Rail auf der Innotrans 2019 präsentierte. Die Reaktionen der Fachwelt waren dabei interessant. Nicht wenige Messebesucher stutzten ob dem edlen Interieur in einem metroähnlichen S-Bahnzug. Dabei wollen wir genau dies erreichen: Es soll spürbar sein, dass wir Wert gelegt haben auf eine gute, schlüssige Gestaltung, auf ein angenehmes Ambiente. Denn die Passagiere sollen sich trotz der vielen Stehplatz- resp. Multifunktionsflächen nicht als «Endkunden» fühlen, sondern als Fahrgäste. 
Und vor dem Hintergrund, dass es sich bei den «Worblas» um eine Spezialkonstruktion «nur» für den RBS handelt, mit einer «Auflage» von lediglich 14 Exemplaren, ist die Aufmerksamkeit in der Designwelt beachtlich: So wurden unseren Worblas 2019 ganze drei international bekannte Designpreise verliehen! Im Frühjahr bekamen wir den «iF Design Award», im Sommer folgte der «Red Dot Design Award». Und mittlerweile ist auch bekannt, dass die Worblas auch noch den renommierten «German Design Award» für das «sehr ikonische Design» einheimsen konnte.
 

Vier Personen stehen vor der Wobla und halten die drei Designpreis in den Händen

(v.l.n.r.): Georg Kappeler, LStadler; Fabian Schmid, RBS; Thomas König, Tricon Design; Peter Fehr, Stadler

Diese Preise sind für uns Lob und Ansporn zugleich. Lob, dass gutes Design wahrgenommen wird und überzeugen kann. Aber auch Ansporn, dass wir Sorge tragen zu den neuen Worbla und uns auch bei all unseren anderen aktuellen Ausbauprojekten nicht mit dem Erstbesten zufriedengeben, sondern Wert legen auf qualitativ gute, funktional langlebige Lösungen.

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