Mineur Manfred Barczyk: «Wer Angst hat, ist in diesem Beruf fehl am Platz»

Manfred Barczyk ist seit 35 Jahren als Mineur tätig und arbeitet für die Marti Tunnel AG auf der Baustelle Laupenstrasse am Ausbruch der Kavernen für den neuen RBS-Bahnhof. Wir haben mit ihm über seine Arbeit auf der herausfordernden Baustelle gesprochen.

Herr Barczyk, Sie sind als Mineur auf der Baustelle Laupenstrasse für die Marti Tunnel AG tätig und aktuell mit dem Ausbruch der Kavernen für den künftigen RBS-Bahnhof beschäftigt. Wie darf man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?

Wenn meine Schicht beginnt, gehe ich erst einmal runter in die Kaverne. Dort findet die Schichtübergabe statt und wir schauen uns um, was zu tun ist. Anschliessend beginne ich mit der Arbeit, das können Ausbrucharbeiten, Netzen (Sicherungsarbeiten) oder Betonspritzen sein – je nachdem, was gerade ansteht. Am Abend ist man dann meistens sehr erschöpft, da es sehr warm ist auf der Baustelle.

Sie arbeiten nahezu ausschliesslich unter der Erde in engen Platzverhältnissen und sehen dabei das Tageslicht nur selten. Schlägt das nicht aufs Gemüt?

Nein, ich habe da keine Probleme. Höchstens im Winter ist es etwas schwieriger, weil man morgens im Dunkeln in den Untergrund geht und abends wieder im Dunkeln nach Hause geht. Ich mache das aber schon so lange, inzwischen habe ich mich daran gewöhnt.

Warum haben Sie gerade diesen Beruf gewählt?

Ich habe in Deutschland meine Ausbildung im Bergbau gemacht. Das hat mir einfach so viel Spass gemacht, weil es ein abwechslungsreicher Beruf ist. Man ist teilweise an Orten, wo vorher noch nie ein Mensch war. Das ist für mich das Interessante. Auch die Kameradschaft untereinander ist einzigartig und nur schwer mit anderen Berufsgruppen vergleichbar. Ich habe auch einmal drei Jahre als Informatiker gearbeitet, nur allein vor dem Computer zu sitzen, hat mir jedoch nicht gefallen.

Hat man als Mineur denn nicht auch hin und wieder Angst, dass etwas einstürzen könnte?

Respekt habe ich immer, aber Angst nicht. Respekt muss man haben, denn man weiss nie, was kommen könnte. Es kann immer mal wieder eine Kluft einstürzen oder unvorhergesehene Situationen geben. Aber die erfahrenen Leute hier erkennen solche Dinge in der Regel vorher. Wer aber Angst hat, ist in diesem Beruf fehl am Platz.

Was fasziniert Sie besonders an dieser Baustelle – und wo liegen die Herausforderungen?

Die grosse Faszination aber auch Herausforderung ist, dass wir hier kaum Platz haben. Es gibt nur einen Zugangsstollen. Im Vergleich zu anderen Tunneln entsteht eine grosse Kaverne. Das ist anders, weil man bei den meisten Tunneln direkt mit dem Auto rein und raus fährt. Das ist hier nicht möglich. Auch ist die sandhaltige Geologie eher ungewöhnlich.

Werden Sie nach der Fertigstellung in einigen Jahren den neuen Tunnel und Bahnhof denn auch mal selbst besuchen?

Auf jeden Fall – ich habe schliesslich ein GA! Ich werde sicher mal durchfahren und schauen, wie es aussieht, wenn alles fertig ist. Das habe ich bisher überall gemacht bei den Tunneln, an denen ich gearbeitet habe. Man sieht zwar nicht so viel, aber man weiss, wo man ist. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, was man aus einem grossen Haufen Stein schlussendlich gezaubert hat.

Weshalb die Baustelle logistisch und bautechnisch so herausfordernd ist und warum Jules Verne wohl von den Bauarbeiten fasziniert wäre, lesen Sie hier: Neuer RBS-Bahnhof Bern: «Bahnhofs-Kathedralen» unter den Gleisen

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